Es beginnt mit Streichmusik und einer Partitur. Aus der Ego-Perspektive heraus sieht der Zuschauer, wie jemand, nachdem er seine Signatur mit roter Farbe auf ein Notenblatt geschrieben hat, die Blätter in der Schublade verschließt und den Schlüssel dafür in einen Umschlag tut, noch einen Schluck Wein trinkt, bevor er seinen Arbeitsplatz, ein altmodisch eingerichtetes düsteres Zimmer, verlässt und mit einer Kerze in der Hand den Gang entlang schreitet. Vorher wirft er noch einen Blick in den Spiegel. Es handelt sich um einen älteren Mann mit weißem Haar, der auf den Balkon tritt, den dunklen Wald vor sich und dann langsam verbrennt. Die nächste Szene zeigt eine junge Frau, die in einem großen festlich aussehenden Saal Violine spielt. Ein Kameraschwenk verrät, dass es sich bei diesem Raum um ein Tonstudio in London handelt, in dem gerade aufgenommen wird. Diese junge Frau heißt Rose Fischer (Freya Tingley), ist eine aufstrebende Violinistin und die Tochter des Mannes, der in der Szene davor Selbstmord begangen hat, indem er sich lebendig anzündete. Der Name des Mannes war Richard Marlow (Rutger Hauer, Harrison Fords Widersacher im SF-Kultfilm Blade Runner von 1982), ein berühmter Komponist und Vorreiter der zeitgenössischen klassischen Musik, der neben seinem Ruf als gefeierter Komponist als seltsamer Exzentriker galt. Rose erfährt gemeinsam mit ihrem Manager Charles Vernais (Simon Abkarian) daraufhin beim Notar, dass sie die Alleinerbin nicht nur sämtlicher Rechte für seine Musik ist, sondern auch seines Nachlasses in Form eines alten Schlosses in Frankreich. Nach einem kurzen Zerwürfnis mit Charles macht sich Rose daraufhin auf den Weg, ihr Erbe anzutreten.
Inhalt
Ein unheimliches Schloss, ein bizarrer Selbstmord und ein mysteriöses Musikstück. Das sind Regisseur Andrew Desmonds Zutaten für seinen musikalischen Mystery-Thriller mit Horrorelementen mit dem Titel „Sonata-Sinfonie des Teufels(2018)". Obwohl der Titel, besonders wegen der ungeschickten deutschen Übersetzung (eine Sinfonie ist eine Sonate für Orchester und eine Sonate für einen Solisten und das teuflische Musikstück ist ja eine Sonate …) arg spoilert, möchte der Zuschauer natürlich wissen, was es mit dieser Teufelsmusik auf sich hat, denn heraufbeschworen wurde das Böse (im Film) schon auf so manche Art, aber meines Wissens nach noch nie so explizit und ausschließlich mit Musik wie in Sonata. Nach einer notwendigen Exposition begleitet der Zuschauer Rose beim Erkunden des Anwesens und dem Entdecken Ihres Erbes. Die ehemalige Haushälterin (Catherine Schaub-Abkarian) sorgt dabei für einen ersten kleinen Schockmoment und ein wenig Information. Die Partitur mit der „Sonate für Solo Violine op.54“ wird auch schnell von Rose gefunden. Natürlich will sie diese sofort anspielen, wundert sich neben den roten Symbolen darin aber am meisten über die seltsame, holprige Melodieführung. Währenddessen gibt es für den Zuschauer und Rose den zweiten kleinen Schreckensmoment: in der Spiegelung des schwarzen Flügellacks gibt der Teufel sich zu erkennen. Nachdem sie ihrem Manager Charles nach einer kleinen Versöhnung von ihrer Entdeckung erzählt, beginnen beide, zunächst jeder für sich, Rose vor Ort, und Charles in England, dem Geheimnis um das letzte Werk des Komponisten auf den Grund zu gehen. Während Rose im Haus nach Hinweisen sucht (teilweise geführt von der Musik und Erscheinungen), auch nach solchen, die ihr etwas über ihren Vater verraten, den sie nie kennengelernt hat, zieht Charles Experten zu Rat, von denen er sich erhofft, dass sie ihm helfen können, die Noten zu entschlüsseln.
Dabei stellen sich die roten Symbole nicht nur als Schlüssel heraus, die die Partitur einfach nur codieren, sondern als das in 4 Aspekte unterteile Symbol des Famulus-Ordens, einer französischen Geheimgesellschaft des 19. Jahrhunderts aus „Edelmännern und Künstlern, die verdrehte Verfechter der romantischen Bewegung“ waren. Sie glaubten nicht nur allgemein daran, dass Musik die Kraft hat, die Türen zwischen den Welten zu öffnen, sondern ganz konkret, dass „exakt gespielte und proportionale Noten den Antichristen beschwören können“ und man nur mittels Musik mit ihm kommunizieren und seine Göttlichkeit verstehen kann.
Während Charles diese okkulten Themen am Anfang nur für eine sehr morbide Inspirationsquelle für den Komponisten hält, kommt Rose hinter ein dunkles Geheimnis und möchte deshalb zur Polizei gehen und die Partitur zerstören, kann sich aber nicht gegen Charles, der mittlerweile fanatische Züge angenommen hat, durchsetzen. Letztendlich kann die Partitur entschlüsselt und die vollständige Melodie zutage gefördert werden, auch in Hinblick darauf, dass es Rose bestimmt ist, die Sonate zu vollenden und sie zu spielen. In der letzten Szene spielt Rose im Konzertsaal und es ist offensichtlich, dass der Teufel durch die spricht.
Es ist nicht immer nur der "Diabolus in Musica"…
Die Musik ist natürlich Hauptthema des Films, keine Frage und so findet sich neben einem Score, der die Atmosphäre der Szenen musikalisch untermalt, auch die für den Film ausgeborgte berüchtigte Teufelstriller-Sonate im Abspann aufgelistet: „Sonata in g minor - il Trillo del Diavolo“, komponiert von italienischen Barockkomponisten Guiseppe Tartini im Jahr 1730.
Sonata ist zwar nicht der erste Film, in dem das Musikstück einen Auftritt hat, aber noch nie wurde seine Art der Entstehung thematisch so nah an der historischen Vorlage umgesetzt, denn Tartini selbst berichtete, dass die Sonate durch einen Traum inspiriert wurde, in dem der Komponist einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat. Na, wenn das keine Vorlage für einen Horror-Film ist, selbst wenn dieser nicht vom historischen Vorbild handelt.
Fazit
Klassische Musik, Rotwein, die moderne Klassikszene, ein alter Herrensitz und die dunkle Seite einer romantischen Geheimgesellschaft (die für den Film erfunden wurde): Bei Sonata finden sich Mystery und Okkultismus abseits der bekannten Sujetpfade des Horrorfilms. Da ist es klar, dass man eher einen ästhetischen Film erwarten muss als einen Schocker. Dennoch kann subtiler Grusel und eine beklemmende Atmosphäre sicher erfolgreicher umgesetzt werden als in Sonata leider der Fall ist. Die größte Schwäche des Films ist tatsächlich sein struktureller Aufbau und seine praktisch durchgehende Spannungsarmut. Viele Dinge sind vorhersehbar, das Prinzip ist schnell erklärt und der Zuschauer wartet vergeblich auf Momente, in denen sich vielleicht so etwas wie Gänsehaut und ein wenig Spannung aufbaut. Da helfen dann die zwei, drei halbherzigen Jumpscares auch nicht wirklich. Die Handlung konzentriert sich um die Figur der Violinistin Rose Fischer, die von Freya Tingley insgesamt etwas blass gelassen und wenig ausgefüllt wird. Deren Beziehung zu Charles ist ambivalent und immerhin für einige wenige etwas skurrile Momente gut, allen voran eine unerwartet fast schon komische Gothic-Heroine-Szene, die als Referenz sicherlich Absicht war. Wie gesagt, das Thema Teufelsmusik an sich ist hoffentlich weitere, bessere filmische Umsetzungen (gerne in Bezug auf ihre historische Inspiration) wert, aber mit seinen 88 Minuten ist Sonata, um ihn sich einmal anzusehen, definitiv keine Minute zu lang.
Weitere Informationen:
Titel: Sonata - Sinfonie des Teufels (Original: The Sonata)
Regie: Andrew Desmond
Buch: Andrew Desmond, Arthur Morin
Musik: Alexis Maingaud
Produktionsjahr : 2018
Produktionsland: Frankreich, UK, Russland, Lettland
Genre: Horror/Mystery
FSK: 16 (ab 16 Jahren freigegeben)
Dauer : 88 Minuten
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