„Nicht die Kinder des Fleisches sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung“

Subtiler Hinterwaldhorror im Norden Englands

Filmkritik "Matriarch - Sie will dein Baby"


Gerahmt von einem Bibelvers vorgelesen von einer Off-Stimme während Bilder von einsamen Landschaften zu sehen sind, untermalt von dezenten Klavierakkorden und vereinzelten Vogelstimmen, ahnt man bereits, dass es sich bei dem Thriller „Matriarch- Sie will dein Baby“ (2018, Regie: Scott Vickers) um einen dieser düsteren Backwood-Horrorfilme handelt, wo nicht selten in der ländlichen Idylle der Vorhof zur Hölle auf die Protagonisten wartet.

 

In Fall dieses Films ist es eine Landschaft, die sich, obwohl man auf den ersten Blick gewillt wäre, sie in Australien oder Neuseeland zu vermuten, irgendwo zwischen Nordengland und Schottland befindet und durch die das junge Ehepaar Rachel (Charlie Blackwood) und Matt (Scott Vickers) Hopkins fahren, um Erholung zu suchen, denn Rachel ist hochschwanger. Es kommt wie es kommen muss und die beiden stecken fest, weil ihnen das Auto kaputt geht und sie kein Netz empfangen. Auf der Suche nach einem Telefon treffen sie auf Bob Fairbairn (Alan Cuthbert), einen Farmer, der ihnen mit dem Auto entgegen kommt. Erst will er sie loswerden, reagiert aber mit übertriebener Gastfreundschaft, als er erfährt, dass Rachel mit einem Jungen schwanger ist und fährt sie zum Haus, vor dem seine Frau Agnes (Julie Hannan) und zwei seltsame junge Männer, die Adoptivsöhne der Fairbairns, auf sie warten.

Anfangs wundern sie sich über die schrullige Familie, bei denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint und machen sich lustig, werden aber mit der Zeit immer misstrauischer ob der unheimlichen Situation und beschließen, nachdem Rachel ein vermisstes Mädchen auf einem der Fotos im Haus wiedererkannt hat, zu fliehen, so lange sie noch können. Das aber geht schief....

 

Mit einem Gesamtbudget von 60.000 Dollar ist der britische Indie-Horror-Film eine absolute Low-Budget-Produktion und der erste Langfilm der Produktionsfirma, die Scott Vickers, der in diesem Film neben der männlichen Hauptrolle auch sein Regie-Debüt gibt, gemeinsam mit einem Kollegen gegründet hat. Neben einigen wackeligen Kamera-Einstellungen und dem Fehlen diverse Effekte tut diese Tatsache dem Film aber keinen wirklichen Abbruch. "Matriarch" will gar kein tumber Shlasher sein, sondern setzt auf Atmosphäre. Das gelingt ihm über weite Strecken hin erstaunlich gut, insbesondere beim Spannungsbogen, der trotz der im Kern vorhersehbaren Handlung praktisch durchgehend funktioniert. Der Film ist insgesamt gut komponiert. Die Landschaftsaufnahmen führen wie ein roter Faden durch die gut Anderthalbstunden und machen damit das, was sonst wohl ein Score erreichen würde, der bei "Matriarch" extrem reduziert ist, passend zu der insgesamt beklemmend ruhigen Gesamterscheinung des Films. So gibt es beispielsweise nur zwei Jumpscares, viel Totale und keine Schnittorgie, sondern eher sogar eine Vielzahl nahtloser Übergänge die dabei helfen Spannung zu halten.

 

Neben der Gesamtdramaturgie des Films sind Geschichte und Figuren einige Gedanken wert, denn sie sind es, von denen der Film lebt. Alle die Wendungen, Ereignisse und Informationen, die nicht erzählt werden. Denn "Matriarch" deutet gerade soviel an, wie nötig ist, um der Handlung folgen zu können, beantwortet darüber hinaus aber praktisch keine Fragen. Da wäre zum einen das Weltbild des Ehepaars Fairbairn, das auf einem fanatischen christlichen Glauben basiert, von dem sie glauben, dass er der Wahre sei („Ihr seid die Kranken und wir sind das Licht“) und der sie zu ihren Taten treibt.

 

"Nicht die Kinder des Fleisches sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung"

Diese aus dem Zusammenhang gerissene Bibelzitat dient der Familie als Leitmotto. Dennoch ist die zwischen beängstigender Freundlichkeit und Kälte schwankende Matriarchin Agnes unsicher darüber, was Gottes Plan und ihre Rolle darin ist. Es scheint logisch, dass ihre ungewollte Kinderlosigkeit sie zu ihrer psychischen Kondition geführt haben muss. Ihr Ehemann Bob scheint ruhig, besonnen und im Gegensatz zu seiner Frau im Kopf sehr klar zu sein. So ist er beispielsweise aufrichtig erschüttert als die die toten Söhne an den Tisch setzt und so tun will, als sei nichts geschehen. Nichtsdestotrotz steht auch er unter der Fuchtel seiner Frau, genauso wie die Söhne, die anfangen zu rebellieren, Fragen zu stellen und das Leben das sie zu führen erzogen wurden, nicht mehr so bedingungslos hinzunehmen.

Ein Rätsel bleibt auch Tochter Fair, ein Mädchen namens Ellie Adams, deren Eltern das Ehepaar höchstwahrscheinlich getötet hat bei der erst am Ende des Films klar wird, dass sie die ganze Zeit über nur als Geist anwesend war und nur von Rachel gesehen werden konnte, was aber auch nicht ganz klar ist, gibt sie doch auch Matt einen Hinweis. Auch der Hinweis der beiden jungen Männer, die Matt in der Wildnis trifft und von denen er sich Hilfe erbittet, wirft die Frage auf, was man in dieser Gegend weiß und wie die Dinge miteinander verstrickt sind.

 

"Matriarch" ist ein subtil spannender Hinterwald-Horror, der zeigt, wie man mit wenig Mitteln (Der Darsteller des Bob ist beispielsweise in erster Linie gar kein Schauspieler, sondern der Besitzer des Hofes, den er für die Dreharbeiten zur Verfügung gestellt hat!) einen durchaus gelungenen Genre-Geheimtipp ohne Schnörkel und großes Gemetzel erschafft, der Klischees zwar aufgreift, sie aber nicht totreitet, sondern sogar hinterfragt in gewisser Weise, wenn auch wenn nicht immer perfekt logisch.


Symbolbild©pixabay/DWilliam
Symbolbild©pixabay/DWilliam

Weitere Informationen:

 

Titel: Matriarch - Sie will dein Baby (Original: Matriarch)

Regie: Scott Vickers

Buch: Scott Vickers

Produktionsjahr : 2018

Produktionsland (UK)

Genre: Horror, Thriller

FSK: 16

Dauer: 1 Stunde 32 Minuten

Hier zu beziehen

 


Kommentare: 0