Atmosphärischen Endzeit-Horror praktisch ohne Jumpscares in einer postapokalyptischen Welt, entvölkert durch eine mysteriöse Killerseuche, fernab vom Mainstream und ohne Zombie-Apokalypse oder Auftritte anderer Grusel-Gestalten und inflationäre Blutbäder liefert die Indie-Produnktion „It Comes at Night“ (2017, Regie: Trey Edward Shults) und stellt dabei eine Frage: Was geht draußen bei Nacht vor sich?
Inhalt
Um sich vor einem unheimlichen tödlichen Virus zu schützen haben sich das Ehepaar Paul (Joel Edgerton) und Sarah (Carmen Ejogo) und ihr 17-jähriger Sohn Travis (Kelvin Harrison) sowie dessen Großvater Bud (David Pendleton) in einem Haus im Wald verschanzt, fernab der Zivilisation, die höchstwahrscheinlich durch das Wüten der Seuche längst dahingerafft wurde. Nachdem der Großvater erkrankt und in den Wald gebracht wurde, um dort getötet und verbrannt zu werden, lebt die Familie immer vorsichtiger und isolierter allen voran Vater Paul, der durch immer strengere Regeln versucht Herr der Lage zu werden. Sohn Travis, der um seinen Großvater trauert, wird von Alpträumen und Schlaflosigkeit geplagt und bekommt mit, dass jemand ins Haus eingebrochen ist. Will (Christopher Abbott), der Nahrung für seine Frau Kim (Riley Keough) und deren kleinen Sohn Andrew (Griffin Robert Faulkner) sucht, wird von Paul überwältigt und im Wald gefesselt über Nacht an einen Baum angebunden, um am nächsten Tag befragt zu werden. Nachdem er Paul überzeugen konnte, dass er nicht gefährlich ist, beschließen die beiden Familien in Pauls Haus zusammenzuwohnen, um sich gegenseitig zu helfen. Zunächst funktioniert das Zusammenleben harmonisch, obwohl Paul misstrauisch bleibt. Als der zuvor entlaufene Hund verletzt zurückkommt und die Außentür offen vorgefunden wird, spitzt sich die Lage zu und die Familien isolieren sich zunächst aus Sicherheitsgründen. Nachdem vermutet wird, dass Andrew krank ist, nehmen Angst und Terror bei den beiden Familien so zu, dass die Situation eskaliert.
Fazit
Regisseur Shults und seinem Stab gelingt mit „It Comes at Night“ ein atmosphärisch dichtes und emotional forderndes und hochspannendes Thriller-Kammerspiel, das so nervenmalträtierend ist, das es zumindest beim ersten Mal Schauen körperliche Reaktionen hervorrufen kann.
Unterlegt mit zurückhaltender (Trommel- )Musik tragen Kulisse und Schauspieler bei zu einem Horror, der allein durch das Taktieren mit der Ungewissheit und zutiefst menschliche Psychospiele das Blut in den Adern gefrieren lässt, besser als jedes Monster das je könnte.
Mit einem regelmäßigen Kamera-Fokus auf die rote Haustür, die sowohl Zuschauer als auch Charaktere höchstens erahnen lässt, was sich des Nachts draußen ereignet und durch das Spiel mit Traum, Einbildung und Realität werden Stimmung und Fantasie in regelmäßigen Abständen befeuert.
Über die Pandemie, Epidemie oder was auch immer, also die Krankheit, die alle in Angst und Schrecken versetzt, werden praktisch keine Infos geliefert, aber sie ist eigentlich auch nebensächlich, denn hier geht es um das Grauen genannt menschliche Natur und dessen Abgründe, die wie eine Bauanleitung durch den Film ausgebreitet und thematisiert werden. Die Situation löst sie lediglich aus und macht den Menschen selbst zum Monster.
Nach der ersten Szene und der Erlösung des kranken Großvaters weichen Trauer und Tragik sofort der allumfassenden Panik ausgehend von Macher Paul, der mittels seiner strikten Regeln, Vorkehrungen bestehend aus Isolation, Hygiene und zwar nur seine Familie schützen will, aber durch die Angst und den Stress, die er verbreitet, nur die Stimmung des Misstrauens, der Gereiztheit und der Paranoia, bei denen keiner mehr weiß, wer Freund und wer Feind ist und die am Ende in einem Alle gegen Alle endet, weiter anheizt. Paul der zwischen Brutalität und beschwichtigender Hilflosigkeit hin und her pendelt und mittels seines Aktionismus und seiner Strenge verzweifelt versucht, Herr der Lage zu werden meint es gut, hat aber eine andere Art mit der Situation umzugehen als der eher bedrückte Travis oder die realistische aber auch verunsicherte Sarah („Es wird alles wieder gut“, „Das glaubst du doch nicht im Ernst“), die das andere Paar, Will und Kim, in solche Furcht versetzt, dass sie sich bedroht fühlen („Nimm die Maske runter!“) und bis zum Schluss nicht geklärt ist, ob wirklich jemand krank ist und was eigentlich nachts draußen passiert. Diese bis zum Schluss ungeklärte Frage sorgt zwar für Logiklücken, tut der Wirkung des Films und dessen möglicher Aussage aber keinen Abbruch.
Paul, der ironischerweise nur will, dass alle am Leben bleiben sorgt am Ende für das genaue Gegenteil und nicht die Krankheit. Möge uns das eine Warnung sein, falls wir es wirklich einmal mit einer Killerseuche zu tun bekommen sollten.
Übrigens: Bei den Phoenix Film Critics Society Awards 2017 erhielt der Film eine
Nominierung in der Kategorie The Overlooked Film of the Year, obwohl er an den Kinokassen weltweit19,3 Millionen US-Dollar eingespielt hat.
Weitere Informationen:
Titel: It Comes at Night
Regie: Trey Edward Shults
Buch: Trey Edward Shults
Produktionsjahr : 2017
Produktionsland (USA)
Genre: Horror, Thriller, Mystery
FSK: 16
Dauer: 91 Minuten
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