Alle Jahre wieder ist es soweit. Sobald der Dezember naht, bricht der Weihnachtsfilm über uns herein. Mit exakt 700 geführten Titeln – zumindest in der Weihnachtsfilmdatenbank – kann der sogenannte Weihnachtsfilm fast als eigenes Filmgenre gelten. Meist sind es heitere leichte Komödien oder zeitlose Märchenstoffe für die ganze Familie, die das Herz zum Schmelzen bringen sollen, wie den Schnee, der zumindest in unseren Breiten eher zu selten als zu leise rieselt und der neben Keksen, Kerzenlicht und warmen Getränken bei vielen Weihnachtsfans ein festes Ritual der Vorfreude auf das nahende Fest darstellt. Manch ein Film – wie etwa Kevin Allein Zuhaus oder die zahlreichen Verfilmungen von A Christmas Charol – hat nicht nur aufgrund seiner Bekanntheit einen regelrechten Kultstatus, andere Werke hingegen, nehmen sich dem Weihnachtsthema von der einen Seite her an (Horrorvarianten oder der typische Romcom oder Teeniefilm-Plot im Weihnachtssetting). Manch ein Film ist dabei eindeutig für Kinder gedacht, manch einer genau eben nicht. Und es gibt diese versteckten Perlen, die keiner kennt. Ein solcher, etwas anderer Weihnachtsfilm, ist auch „Der Weihnachtshase“ (2010, Regie: Tom Seidman), eigentlich kein Weihnachtsfilm im „klassischen“ Sinne, nur insoweit, das die Ereignisse, an und um die Weihnachten passieren.
Inhalt
Das Ehepaar Scott und Patti Cooper (Colby French und Madeline Vail) nehmen Pflegekind Julia zu sich. Das neunjährige Mädchen kommt aus schwierigen Verhältnissen und ist so traumatisiert, dass es nicht spricht. Die Pflegeeltern sind liebevoll bemüht, finden aber keinen Zugang zu Julia. Das Kind flüchtet sich in sein Video über einen Stoffhasen, das es mit apathischem Blick wie besessen immer wieder schaut. In einer Rückblende durch Julias Augen erfährt der Zuschauer, wie es zum Erwerb des Videos kam und warum das Kind traumatisiert ist. Alle Versuche an Julia heranzukommen und sie in die Familie zu integrieren, scheitern.
Das ändert sich, als sie ein verletztes Kaninchen in Wald finden und bei sich aufnehmen, weil Julia plötzlich spricht, wenn es um den Hasen geht und sie sich erhoffen auf diese Weise einen Zugang zu dem Kind zu finden. Hilfreich ist dabei auch die schrullige Einsiedlerin Betsy Ross (Florence Henderson), die von allen nur „Hasenfrau“ genannt wird, die das verletzte Kaninchen gesund pflegt, nachdem der örtliche Tierarzt die Familie an sie weiterverwiesen hatte. Zunächst macht sich das Mädchen und alle sind zuversichtlich, bis durch eine Reihe problematischer Ereignisse sich die Konflikte zu häufen beginnen, was im Entschluss Julias mündet gemeinsam mit dem Kaninchen fortzulaufen. Nicht nur in der anschließenden Suchaktion wird sich zeigen, ob und welchen Umständen die Familie am Ende noch die Chance hat zusammen zu wachsen...
Fazit
Sensibel und bewegend aber ohne zu irgendeiner Zeit ins Kitschige abzudriften erzählt „Der Weihnachtshase“ die Geschichte menschlicher und tierischer Ausgestoßener, Zurückgelassener und Außenseiter und lässt beim Zuschauer Hoffnung und ein warmes Herz zurück. Eine Dramaturgie, die mit ihrem gelungenen Spannungsboden praktisch kaum Vorhersehbarkeit aufweist, mit dezent melancholischer Klaviermusik untermalte Szenen in einem trostlosen verschneiten Michigan zur Weihnachts- bzw. Winterzeit, eine liebevoll gestaltete und stimmige Ausstattung und glaubhafte und nicht zu dick auftragende Schauspieler und Figuren machen aus „Der Weihnachtshase“ einen sehenswerten, im positiven Sinne etwas anderen Weihnachtsfilm der leisen Töne. Die Botschaften, die über den Plot hinausgehen sind keine sinnleeren oder gar holzhammerartigen Moralkeulen. Nebenkonflikte, wie die der Eltern, unterstützen die durchgehende Handlung, ohne sie zu dominieren und einen Nebenschauplatz aufzumachen. Das Motiv des Hasens bzw. des Kaninchens ist geschickt gewählt, so wie es durchgehend subtil in Analogie zu Julias Schicksal gesetzt wird – aber auch in Hinblick auf Mrs. Ross! Julia redet nicht –denn auch Kaninchen leiden stumm und den Zustand der Einsamkeit „können auch kleine Häschen nicht kurieren“. Durch Mrs. Ross als Fürsprecherin der (zurückgelassenen und vernachlässigten) Hasen (Haustiere, die eher ein Schattendasein fristen und bei denen Haltungsfehler recht weit verbreitet sind) lernt nicht nur Julia (nicht nur zu Reden, wenn es drauf ankommt), sondern auch der Zuschauer, für den im Rahmen des Themas überraschend passabel recherchiert wurde (natürlich ist es klar, dass „Der Weihnachtshase“ kein Lehrfilm in Bezug auf Kaninchenhaltung ist ... ) und auch die Rolles des Vaters ist an die Verbindung durch den Hasen geknüpft und auch er macht am Ende eine unerwartete Wandlung durch, als er seine Position klar macht und so maßgebend für das definitive Happy End sorgt.
Weitere Informationen:
Titel: Der Weihnachtshase (Original: The Christmas Bunny)
Regie: Tom Seidman
Buch: Tom Seidman
Musik: Eric Swanson
Produktionsjahr : 2010
Produktionsland (USA)
Genre: Drama
FSK: 0
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten
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